Home Reparatur Qualifikation Werkstatt Uhrenkunde



 Stand 11.04.17

Reparatur Minutenrepetition Chronograph

Invicta Taschenuhr


Als Minutenrepetition bezeichnet man die Zusatzfunktion einer Uhr, die auf „Knopfdruck“ die aktuelle Uhrzeit akustisch Minutengenau wiedergibt.


Bei der klassischen Variante ertönt bei Auslösung der Repetition zuerst die Stunde (1 bis 12 Schläge), dann die Viertelstunde (0 bis 3 Schläge) und dann die Minute (0 bis 14 Schläge).

Zur Geräuscherzeugung dienen hierbei zwei kleine Hämmer die auf zwei Tonstäbe schlagen.

Ein hellerer („Bim“) und ein dunklerer Ton („Bam“) genügt um die aktuelle Uhrzeit wiederzugeben: Um 1:17 Uhr ertönt auf Knopfdruck beispielsweise die Tonfolge Bam - Bimbam - BimBim.


Die vorliegende Taschenuhr erreicht mich in traurigem Zustand. Die Uhr steht und die Repetition schlägt unabhängig von der Uhrzeit irgendeine wilde Tonfolge. Scheinbar gibt es einen größeren Schaden im Räderwerk und die Repetition ist zumindest verstellt, doch dazu später mehr.


Zusätzlich zum Repetitionsmechanismus besitzt die Taschenuhr noch eine Chronographen-funktion, ein Stopuhrmechanismus.

Der untere Knopf dient zur Auslösung der Minutenrepetition und muss dafür vollständig hineingedrückt werden.

Das Gehäuse der Uhr ist aus 585er Rotgold wie auch die Stempel zeigen.

Zum Schutz des Uhrwerks (beim Betrachten) wurde ein Glasboden aus hauchdünnem Savonette-Glas unter dem Deckel installiert. So kann der Besitzer ständig den Boden öffnen und sein schönes Uhrwerk betrachten ohne sich über Staub und Schmutz Gedanken machen zu müssen.

Der Drücker oberhalb der Krone dient zum Starten, Stoppen und Nullstellen des Chronographen (Eindrücker Chronograph).

Nach der Überprüfung der Gehäusefunktion kann das Gehäuse bereits zerlegt werden um das Uhrwerk auszubauen. An Kronenfunktion oder den Drückern ist kein Mangel feststellbar, das Gehäuse wird nur gereinigt.


Die Savonette-Gläser der Uhr sind hauchfein und sehr empfindlich. Das Zifferblatt sieht nach über 100 Jahren aus wie am ersten Tag, im Vergleich halten moderne Zifferblätter häufig nur wenige Jahrzehnte bis sehr deutliche Alterungsspuren sichtbar werden.


Die Inschrift im Boden lautet: Medaille D´or - Bordeaux 1895 - Repetition À Minutes - Diplôme D´Honneur - Paris 1896 - No 407341 - Invicta.


(Goldmedaille Bordeaux 1895, Minutenrepetition Ehrendiplom Paris 1896)

Unter dem Zifferblatt wird der Repetitions-Mechanismus und die Zeigerstellung sichtbar. Charakteristisch für die Minutenrepetition ist der mit dem Viertelrohr verbundene „Seestern“ mit jeweils vier mal 15 Stufen.


Die Bauteile der Automatik. Die Langlöcher für das Schwingtrieb laufen „gerne“ ein. Bei der Montage sollte man sich genau an den Schmierplan von Omega halten, zuviel Öl oder Öl an der falschen Stelle führt zu einer geringen Aufzugskraft der Automatik.

Die Bauteile hier im Bild zeigen, dass die Uhr noch nicht viel gelaufen ist.

Auch bei wenig verschmutzten Uhren sollten alle Lager von oben und unten mit dem Putzholz gereinigt werden.

Das Kugellager in dieser Variante kann mit den passenden Pressstempeln in seinem Höhenspiel korrigiert werden. Sind an der Unterseite allerdings kleine Laserschweißpunkte zu erkennen, ist das Höhenspiel nicht einstellbar. Der Untere Stempel ist flach, der Obere presst ringförmig die untere Lagerschale (mit verbundenem Trieb) nach unten.

Genau geprüft werden muss unter anderem auch der Schaltvorgang des Fingers am Chronozentrumrad, der das Übertragungsrad des Minutenzählers betätigt.

Die Höhenspiele dürfen nicht zulassen, dass der Schaltfinger unter dem Übertragungsrad durchtauchen oder es überfliegen kann.

Außerdem muss der Schaltvorgang das Minutenzählerrad sauber um genau einen Zahn schalten (nur eine leichte Berührung des Schaltfingers am nächsten Zahn des Übertragungsrads direkt nach dem Schaltvorgang ist erlaubt - OHNE das Minutenzählerrad erneut auszulenken).


Der Schaltfinger ist das kleine „Knie“, das im nierenförmigen Ausschnitt im Zentrum des Uhrwerks zu sehen ist.

In der nächsten Gallerie sind einige wichtige Prüfungendes Chronographenmechanismus beschrieben. Grundlegende Prüfungen wie Höhenspiele, Zapfen, Steine etc. werden nicht extra erwähnt.

Zwischenzeitlich wird die Datumsseite demontiert, hier gibt es zwei wichtige Prüfpunkte. Auf die Einstellung der Datumschnellschaltung wird bei der Montage näher eingegangen, das Trieb auf dem rechten Foto ist gelegentlich angerissen (Obere hälfte), was zu Problemen bei der Zeigerstellung führt.

Man würde dies deutlich von oben erkennen.

Auch der Blick auf die Stoßsicherung der Zifferblattseite zeigt eine miserable Schmierung. Rechts ist das Werk von der Zifferblattseite ohne die Bauteile des Datums zu sehen.

Weiter geht es mit der demontage der Unruh und der üblichen Prüfungen von Unruh und Hemmung.

Der Blick ins Räderwerk zeigt, dass das Sekundenrad nicht im Kraftfluss des Räderwerks steht und hinter dem Ankerrad folgt. Da es nur die Reibung des Lagers als Friktion hat, kann es unter bestimmten Umständen bei sehr genauem Hinsehen zu „flattern“ des Sekundenzeigers der kleinen Sekunde kommen.

Nach demontage des Ankerrads kann durch drehen an der Krone der Flachlauf der Räder geprüft werden. Außerdem sollten im Normalfall drei Umdrehungen der Krone ausreichen, um das Minutenzählerrad weiterzuschalten. Ansonsten ist möglicherweise die Spannung der Minutenraste zu hoch.

Ein Blick unter die Chronographenbrücke zeigt den Stundenherzhebel (der „Delphin“) von dem schon weiter oben die Rede war.

Die Ansicht des Räderwerks unter der Brücke.

Die beiden Stifte von denen der Herzhebel geführt wird können durch unsachgemäßes Aufschrauben der Chronographenbrücke. Hineingedrückt werden. Dies führt in seltenen Fällen zu einem ungleichmäßigen Nullstellen des Chronographen.

Die Schraube des Start/Stophebels neigt zum abreißen, dies kann meist schon durch bloßes hinsehen erkannt werden. Viele Schrauben zeigen zwei kleine Linien im Grund des Schraubenschlitzes wenn sie kurz vor dem Abreißen stehen (man sieht die Kontur des Gewindedurchmessers „durch“ den Schraubenkopf).

Noch deutlicher erkennt man eine Beschädigung, wenn die beiden hälften des Kopfes das licht verschieden widerspiegeln.



Die Klammer im Zentrum hällt in dieser Ansicht den Kern des Chronographenrads fest. Der Chronograph steht auf Stop, weil der Fest mit der Welle verbundene Teile des Chronozentrumrads festgehalten wird (Er wird nach „oben“ gehoben und das goldene Rad kann sich frei auf der Welle drehen - somit läuft die Uhr ohne den Chronozentrumzeiger).


Betätigt man den Start/Stophebel, lässt die Klammer das Chronozentrumrad los. Der unter Federspannung stehende Metallring wird nach unten gepresst und verbindet das goldene Rad fest mit der Welle auf der der Chronozentrumzeiger sitzt. Jetzt treibt das Uhrwerk nicht nur sich selbst, sondern auch den Chronographen an.

Die nächste Bildfolge zeigt die Betätigung des Start/Stophebels. Es liegt ein Fehler vor, denn der Arm des Hebels kann beim Zurückbewegen in der Höhe über die Zahnung des Schaltrades gehen, anstatt in derselben Höhe zu bleiben und Rückwärts über die Zähne zu gleiten. Liegt dieser Fehler vor, muss das Höhenspiel der Buchse, auf der sich der Start/Stophebel bewegt reduziert werden.


Der Schaltvorgang (noch mit zu großem Höhenspiel des Hebels - beim Rückweg des Schaltarms zu erkennen):

Das zu große Höhenspiel des Hebels kann mit der Steinpressmaschine oder der Triebnietmaschine über die Schraube oder direkt auf die Buchse korrigiert werden.

Die rechts im Bild sichtbare Lagerbuchse des Schaltrads muss genau geprüft werden. Durch stärkere Schlageinwirkung auf den Nullstelldrücker bei gestartetem Chronograph kann diese verbiegen oder abreißen.

Das Chronozentrumrad kann weiterhin verwendet werden, wenn der Amplitudentest bestanden wurde und der Schaltfinger in die richtige Position zu bringen war. Weiterhin müssen alle Zähne intakt sein und leichte Verschmutzungen mit dem Putzholz und anderen Hilfsmitteln entfernt worden sein.

Sehr wichtig ist außerdem, dass das innere Höhenspiel (zu prüfen durch Druck auf die Kornzange wie in Bild 1 und 2) nicht zu groß ist, und eine geringe Menge Öl in dem Spalt zwischen dem blauen Ring und dem Messingtrieb sichtbar ist. Diese Ölmenge ist schwer zu erkennen und wird am besten unter dem Mikroskop bei abwechselnder hin und her Bewegung des Messingtriebs geprüft (durch Drücken und Lösen der Kornzange).

Das Höhenspiel kann verkleinert werden, indem man die blaue Buchse zur Welle etwas nach unten schiebt.

Das Rad darf nicht in die Reinigungsmaschine, sondern muss getauscht werden bei stärkeren Verschmutzungen.

An der durch den Ölgeber gezeigten Stelle muss die Schmierung des Lagers erfolgen. gelegentlich finden sich Chronozentrumräder, die zwischen dem langen Zapfen und dem ersten Ansatz geschmiert wurden aber nicht an der tatsächlichen Lagerstelle - sehr schlechte Voraussetzungen für einen guten Gang der Uhr (bei laufendem Chronograph) wenn ein Lager ungeschmiert bleibt.

Im nächsten Bild sichtbar ist das verbleibende Räderwerk, die Federhausbrücke mit Kronrad und Sperrrad und dem Stundenzählermechanismus. Die Verbindung zwischen Kronrad und Sperrrad wird hergestellt durch drei unter der Federhausbrücke sitzende kleine Zahnräder. Diese sind ganz besonders empfindlich und eine Schwachstelle.

Auf dem Nietamboss ist das Kronrad mit Kern und seinen zwei Schrauben zu sehen, rechts daneben eine Schraube der Brücke für das Datum. Verbaut man versehentlich eine der längeren Schrauben kann dies über den Sekundenstopphebel das Ziehen der Krone verhindern.

Einige der bisher demontierten Einzelteile zeigen, dass insbesondere bei den Schrauben genau auf die richtige Verwendung geachtet werden sollte.

Um eine bessere Resistenz gegen Schläge und Stöße zu bekommen, wurden einige Teile überarbeitet. Diese müssen bei einer Revision laut Vorgabe von Omega mit ersetzt werden. In der Mitte des Bilds zu sehen ist die neue Version der Schraube für Schaltrad und des Nullstellhebels (jeweils links). Weitere Tauschteile bei diesem Kaliber sind z.B. Der Start/Stophebel oder die Minutenzählerraste, die in diesem Fall aber schon aktuell sind.

Die Nase des Winkelhebels (linkes Bild) neigt bei starken Schlägen auf die Krone zum verbiegen. Hierdurch kann man häufig nicht mehr in Aufzugposition schalten, nur noch Datum und Zeigerstellung funktionieren. Da der Winkelhebel eines der letzten Teile ist,das man bei einer Vollrevision in die Hand nimmt, bedeutet dieser Fehler häufig eine Vollreparatur, obwohl im Grundenur ein kleines Teile beschädigt wurde.

Bild oben: Wenn der Winkelhebel verbogen wurde, muss dieser Hebel mitgetauscht und gegen die neue Version (unten) ersetzt werden.


Bild links: Transmissionsrad und Kronrad müssen immer paarweise getauscht werden. Auch hier wurde eine stärkere Version entwickelt, da leichte Fehler in der Automatik oder den kleinen Rädern unter der Federhausbrücke zu einer hohen Belastung dieser Räder  beim Handaufzug führen.



Die Einzelteile des Uhrwerks vor der Reinigung in der Reinigungsmaschine und der Prüfung am Mikroskop.

Als einer der letzten Schritte wird die Spirale kontrolliert. Hierfür wird die Unruh mit Stoßsicherungen auf die ansonsten nackte Platine geschraubt. Dies garantiert beste Sicht aus allen Richtungen. Im vorliegenden Fall musste minimal die Flachheit der Spirale korrigiert werden.


Danach werden die Stoßsicherungen entfernt und gereinigt, bevor das Uhrwerk komplett in die Reinigungsmaschine geht.



Montage


Die Montage des Uhrwerks erfolgt zügig aber trotzdem genau, möglichst alle Fehler wurden schon bei der Demontage beseitigt. Dies garantiert, dass das Uhrwerk möglichst wenig Zeit auf dem Werktisch verbringt um Staubeinwirkung so kurz wie möglich zu halten. Vor der Montage sollte der Werktisch kurz feucht gewicht werden.


Wichtig ist, dass bei der Schmierung der drei Räder unter der Federhausbrücke soviel HP1300 in die Lagerung gegeben wird, bis sich der auf dem Foto deutlich sichtbare Schmierkranz bildet! Zu wenig Schmierstoff führt hier sehr schnell zum festfressen der Räder, weswegen die Uhr wieder eine Vollreparatur benötigt.



Die Herzhebel im Bild unten sollten ebenfalls neben Ankerpaletten, Ankerrad und Decksteinen epilamisiert werden.