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 Stand 11.04.17

Revision Seiko Kaliber 11A Damenuhr


Alle Funktionen einer „normalen Handaufzugsuhr“ auf 13 x 16 mm untergebracht gehört dieses Uhrwerk eindeutig zu den Kleinen. Trotzdem folgt die Reparatur den gleichen Regeln wie bei jedem größeren Uhrwerk auch, es ist nur alles etwas kleiner wie üblich.


Aufgrund der geringen Größe des Uhrwerks sind die Toleranzen im Verhältnis zur den Bauteilen recht groß. Deswegen ist die Gefahr von starkem Verschleiß noch größer wie üblich.


Die Uhr ist deutlich kleiner wie ein 20 cent Stück:


Das Gehäuse ist nicht wasserdicht.


Zuerst wird der Gehäuseunterteil vom Oberteil gelöst…


Anschließend kann das Werk aus dem Gehäuse herausgenommen werden.


Das Glas wird ersetzt, die anderen Teile des Gehäuses  und das Band werden Ultraschallgereinigt.


Der Werkhalter kann das Uhrwerk gerade noch so sauber einspannen.


Die Unruh schwingt mit einer Amplitude von ca 100°, die Uhr läuft gerade noch so.


Unter dem Zifferblatt kommt ein verrosteter Winkelhebel und Winkelhebelschraube zum Vorschein.

Diese Bauteile gehören meistens zu den ersten, die Rostspuren davontragen. Da diese Uhr nicht wasserdicht ist, ist der Rost in der Nähe der Krone kaum verwunderlich.

Das Stundenrad ist aus Stahl, was eher ungewöhnlich ist.


Das Werk ist leicht verschmutzt, wie man schon von außen an den Partikeln auf dem Sperrrad erkennen kann.


Die Unruh hat einen geringen Durchmesser und ist sehr leicht, wodurch die Uhr deutlich anfälliger gegen Störungen des Gangs wird. Selbst mit großem Aufwand ist es kaum möglich, mit der Ganggenauigkeit größerer mechanischer Uhren mitzuhalten.

Die Unruhzapfen und die Spirale sind in gutem Zustand, hier liegt nicht die Ursache für den schlechten Gang.


Nach der Unruh wird nächstes die Hemmung und das Räderwerk genauer geprüft, vorerst im montierten Zustand. So lassen sich die Höhenspiele und das Auslösen der Hemmung gut prüfen und beurteilen.


Bemerkenswert ist der Anker dieses Uhrwerks, hier wurde Material aus dem Ankerkörper herausgelasert (zu erkennen an den dunklen stellen). Dadurch wird der Anker leichter und zeigt ein besseres Beschleunigungsverhalten.


Dieses Bild zeigt die Bauteile des Gesperrs. Links Kronrad, Kronradkern und Kronradschraube. In der Mitte liegt das Sperrad und die Sperrradschraube, rechts ist die Sperrklinke mit Schraube und Sperrklinkenfeder zu sehen.


Nachdem die Federhausbrücke und die Räderwerksbrücke abgenommen wurden, sieht man die Zahnräder des Gehwerks.


Hier liegen die beiden Brücken.


Auf diesem Foto ist zu erkennen, dass die Ankerpaletten extrem stark eingelaufen sind. Die sichtbare Spur auf der Hebefläche der Ankerpalette (der linke Rubin auf dem Foto) ist rund und ausgegraben.

Die Palette wurde vor dem Foto gereinigt, es handelt sich nicht um einen Ölschliere!


Zuletzt vor der Reinigung wird die Unruh erneut auf die Brücke aufgesetzt, um von allen Seiten die Spirale begutachten zu können. Außerdem lässt sich gut beurteilen, ob der Unruhreif rund und flach läuft. Danach werden die Stoßsicherungen entfernt, und die Platine kommt mit aufgesetzter Unruh in die Reinigungsmaschine.

Beim öffnen der Stoßsicherung kommt ein eingelaufener Deckstein zum vorschein.


Die Prüfung am Mikroskop hat einige weitere eingelaufene Teile zum Vorschein gebracht. Ersatzteile sind nach wie vor gut Verfügbar, obwohl es sich um ein älteres Kaliber handelt, welches nicht mehr produziert wird:


Nachdem die Teile in der Reinigungsmaschine gereinigt wurden, werden die Ankerpaletten, das Ankerrad und die Decksteine Epilamisiert. Bei diesem speziellen Verfahren werden die Hemmungsteile in eine Lösung eingetaucht, die nach dem Verdunsten eine hauchdünne, flourhaltige Schicht auf dem Bauteil hinterlässt. Diese Schicht führt dazu, dass die Adhäsion zwischen Schmierstoffen und dem Bauteil sinkt.

Dadurch gibt es eine Art Lotuseffekt des Öls auf der beschichteten Oberfläche, die Tropfen stehen höher und laufen langamer Breit.

Was sich auf den ersten Blick eher negativ anhört (Das Öl könnte ja wie Wasser von einer Windschutzscheibe einfach weglaufen), entfaltet seine Wirkung erst wenn die Uhr wieder läuft:

An der Berührungsfläche zwischen aufeinandergleitenden Bauteilen wird die Epilameschicht wieder abgekratzt. Jetzt gibt es eine Bahn, auf der das Öl ein viel günstigeres Energieniveau einnehmen kann. Der Tropfen „möchte“ nicht mehr zurück auf die Epilamisierte Fläche nebenan, da er hier viel „aufrechter stehen“ muss, und drängt immer wieder zurück auf die Gleitzone der mechanischen Bauteile.

Am Ende führt die Epilamisierung also dazu, dass das Öl genau da bleiben will, wo die mechanische Belastung auftritt - perfekt!


Bei der Montage wird üblicherweise mit dem Aufzugsmechanismus begonnen.


Das Uhrwerk wird wieder vollständig montiert und mit frischem Öl geschmiert.


Der Schmierstoff lässt sich sogar erkennen - der weiße Kranz in der Höhlung der Rubinlagersteine zeigt das Schimmern des Öls. Die Stirnfläche der Steine hingegen muss völlig sauber bleiben.


Nach der Montage folgt eine grobe Reglage und das Uhrwerk wird 24h einlaufen gelassen. Erst dann macht eine genauere Regulierung überhaupt Sinn. Dennoch ändert sich gerade in den ersten Wochen des Tragens der Uhr der Gang häufig nochmal ein wenig.


Das Plexiglas wurde erneuert, da das alte stark verkratzt war. Im montierten Zustand wird schließlich die Gangreserve und der tatsächliche Gang ermittelt.